Friedrich Nietzsche: “Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit.” – Livestream

Loop, Lyrik, Prosa – Tanzbare Texte V. Friedrich Nietzsche: “Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit.” – Livestream

Als wir den Entschluss fassten am Neujahrstag 2021 einen Loop, Lyrik, Prosa-Livestream mit Gedichten von Friedrich Nietzsche zu machen, war klar, dass es eine düstere Veranstaltung werden würde. Es war klar, dass es weh tun würde. Aber es war weit weg, also haben wir gelacht.

Aber das Lachen und das bisschen Silvesterstimmung vergingen. Und schwer an Kopf und Gliedern und wider besseren Wissens begannen wir den absurden Plan in die Tat umzusetzen. In Zeiten, in dem das Flackern der zukünftigen Weltgeschehens nichts Gutes erahnen lässt und die Menschen sich das Ende der Welt eher vorstellen können, als das Ende des Kapitalismus, ist “Wohlfühlen” die Parole. Oder war es “Durchhalten”? Aber Friedrich Nietzsches Gedichte lesen?

Durchhalten ist unsere leichteste Übung, denn die Galerie OKK im Wedding, hält auch am Neujahrstag noch Whisky und Cola bereit. Pandemiejahrgang. Wie lange stand das Zeug zwischen Farben und Pinseln? Vielleicht war es auch Terpentin. Die Crew die das Zeug trank? Richard Clauss an den elektronischen Instrumenten, Pablo Hermann beim Pilze zeichnen, Mohan Kumar in Bangalore verantwortlich für die Videos (hat nichts vom Whisky abgekriegt) und Daniel Marschall mit Grabesstimme am Mikrofon.

Und Friedrich Nietzsche? Der liegt, zu Staub zerfallen, in Röcken in Sachsen Anhalt, außer Sichtweite, machte sich keine Illusionen über die Tragik und Gewalt im Maschinenkeller des menschlichen Daseins und deutete die Kultur als Sichtblende des Menschen gegen die Erkenntnis, eben zu dieser Gewalt, zu diesem Vernichtungswillen fähig zu sein. Nach Gottes Tod ist der Sinn der menschliche Existenz nur mit seinen ästhetischen Hervorbringungen zu rechtfertigen. Rechtfertigung der menschlichen Existenz? Kommt da heute noch jemand drauf? Sein Leben zu rechtfertigen? Das Leben wird auf diesem Planeten weitergehen, bis er in die Sonne stürzt. Nur Menschen werden keine mehr darauf sein. Friedrich Nietzsche – Dionysos. Fußlahm.