Literatur im Livestream: Ein Thema zu dem es in letzter Zeit, zumindest in meinem Umfeld, einiges an Diskussionen gibt. Ich hatte mich da auch schon HIER zu technischen Details wie Plattformen, Sound und Kamera geäußert.
Wir mischen mit “Loop, Lyrik, Prosa – Tanzbare Texte” da ja am 12.09.20 auch wieder mit. Diesmal wird es allerdings noch ein bisschen schräger, denn es wird folgendermaßen ablaufen: Die Kozmic Poetry Band und unser Gastvorleser Tom Manegold performen live im Gelegenheiten. Das Gelegenheiten ist ein sehr cooler Kleinkunstladen, der viel experimentelle Musik und Performances zeigt. Jasonun, er ist an der Ecke Weserstrasse x Elbestrasse und hat deshalb zwei Schaufenster. In dem einen wird unsere Performance “live-live” durch die Fensterscheibe zusehen sein. In das andere Fenster kleben wir Folie und zeigen den Livestream. Theoretisch kann man dann auch von der Straße aus über You Tube kommentieren. Oder man reißt einfach die Tür auf und schreit sein like/dislike ins Gelegenheiten. Der Bierausschank ist allerdings in der Tür und dahinter steht ein großer Mensch, was die Schreihälse vielleicht besänftigt.
Wer metaphysischdenkend veranlagt ist, kann dann über digitale Wirklichkeit vs Wirklichkeit vs Hyperrealität nachdenken. Aber besser nicht
Denn unsere eigentliche Intention ist und bleibt Text, Musik und Bildende Kunst in einer Performance zu verschmelzen. Das ist ja das geile am Livestream, dass man in den Stream auch Video- oder Fotodateien integrieren kann. Oder mit so vielen Kameras wie möglich viele Künstler bei ihrem Tun filmen.
Literatur im Livestream – Der Sound – Das Mikrofon
Als Freund des guten Klanges kann ich es nur jedem Gossenpoeten nahelegen, ein anständiges Mikrofon zu verwenden. Mindestens ein Lavallier-Mikrofon (deutsch Ansteck-Mikro) oder ein Kondensator-Mikrofon. Umso teurer, umso besser. Ich benutze als Lavallier ein Sennheiser ME 2-II EW-Series und als Großmembran-Kondesator ein, zugegeben eher billiges, Samson irgendwas. Das Shure SM58 ist ein Standard-Bühnenmikro mit dem man sicher auch keinen Fehler macht, aber wenns richtig gut werden soll, dann Röhrenkondesator-Mikros von Neumann für ein paar tausend Euro. Kleiner Scherz. Aber: Ich war nie ein Anhänger der Not-Theorie, dass wenn man nur genügend Billigequipment zusammenschraubt, der Sound so übel wird, dass er schon wieder geil ist. Aber natürlich liegt die Wahrheit in der Qualität des Textes, der Stimme des Performers und in den Fähigkeiten der Band – ganz einfach eigentlich.
Von integrierten und aufsteckbaren Kamera-Mikrofonen ist abzuraten. Einfach zu viele Neben- und Raumgeräusch. Gerade bei Lesungen, wo das Wort eine gewisse Wichtigkeit hat, ist das nicht ideal. Ich selber habe eine Zoom-Videokamera mit Stereomikro (das Videobild ist mist, aber das Mikro ist gut), aber das benutze ich, wenn möglich, mit Lavallier-Mikro. (Merke: beim Kauf/oder vom Nachbar Ausleihen von Video/Fotokamera auf einen externen Mikrofon-Eingang achten und darauf, ob die Kamera als Webcam funtioniert, ansonsten siehe Capture Card und Videomischpult)
Literatur im Livestream – Der Sound – Das Mischpult
Ein Mischpult ist natürlich nur interessant, wenn man verschiedene Tonquellen hat. Bei nur einem Mikro und nur einer Kamera – dann empfiehlt sich eine Zoom, denn die Kamera hat den Vorteil, dass sie a) ein super Mikro eingebaut hat b) über ein Mikrofon-Eingang verfügt und c) als Webcam vom Computer erkannt wird und man sofort mit guter Qualität streamen kann.
Wenn wir als Kozmic Poetry Band unseren Livestream machen, nutzen wir in der Regel ein USB-Mischpult. Auch hier ist die Kompatibilität mit dem Computer entscheidend. In der Regel wird es automatisch erkannt und kann ganz leicht in OBS (Open Broadcasting System) verwendet werden. Als Treiber empfiehlt sich das kostenfrei ASIO4ALL.
Behringer, Soundcraft, Dynacord sind für unterschiedliche Geldbeutel zuständig und gibt es in unterschiedlichen Größen. Es gibt auch sehr kleine Pulte, die sich direkt an Podcaster richten. Aber wir wollen den großen Sound!
Externe Soundkarten von Lexicon oder Focusrite dürften auch funktionieren, die Kanäle haben aber keine Equalizer, Hall oder Compressor-Effekte, die wir beim Mischpult haben und auch gerne benutzen. Und die OBS Audioeinstellungen sind da vermutlich eher rudimentär.
Literatur im Livestream – Capture Card und Videomixer
Eine Sache, die man anfänglich leicht unterschätzt, ist die Frage: Wie kommt das Bild/Video in den Computer/ Livestream. Die einfachste und kostengünstigeste Antwort heißt Webcam. Die hat man meist zu Hause, kann sie sich ausleihen oder kostengünstig verschaffen. Über einen USB-Hub an den Rechner angeschlossen, werden sie von OBS einfach erkannt und verwendet. Auch Actioncams haben häufig eine Webcam-Funktion. Soweit, so gut.
Für den Anschluss von neueren Digital/Spigelreflex/Bridge-Kameras an den Computer braucht man mindestens eine Capture Card oder einen Videomixer. Die Geräte verwandeln die Digitalkamera in eine Webcam. Das Bild sieht natürlich ganz anders aus, als bei einer 1 Megapixel Webcam. Die Digitalkameras sollten aber nicht uralt sein, das gleiche gilt übrigens für den Computer. Der Mischer den ich bei unserem nächsten Stream verwende, ist der ATEM mini von Blackmagic Design.
4 Hdmi Eingänge, 2 Audio in, USB out, leichte analoge Bedienung. Wenn man in die Tiefe geht, kann man viel mit dem Gerät und der dazugehörigen Software machen. Ich häng das erstmal an OBS ran und schalte nur simpel zwischen Kameras hin und her. Bei den Kameras empfiehlt sich ein Weitwinkelobjektiv, da die Kameras vermutlich relativ anhe am Objekt stehen, was vorallem der Kabellänge geschultet ist. Weiterer Tipp: Checkt die Upload-Rate eurer Internetverbindung. Alles unter 5 Mbits ist wahrscheinlich Blödsinn. Nutzt ein LAN Kabel für eine stabile Verbindung. Trinkt mehr Kamillentee!